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Starke Frauenfigur entwickeln: Scarlett O’Hara hilft dir

“… und nenn mich nicht Schatzi!”: Scarlett war ihrer Zeit voraus

Möchtest du eine starke Frauenfigur entwickeln, mit deren Entwicklung du deine Leserinnen nicht nur fesselst, sondern auch ihre eigene Kraft spüren lässt? Dann empfehle ich dir, dir den Hollywood-Klassiker “Vom Winde verweht” anzuschauen und dich von Scarlett O’Hara inspirieren zu lassen. Denn Figuren wie sie sucht man in den gängigen Mainstream-Romanen, -Filmen und -Serien vergebens. Scarlett ist in jeder Hinsicht beeindruckend – gerade, weil sie nicht besonders sympathisch ist.

Starke Frauenfigur entwickeln

Scarlett zerrt regelmäßig an den Nerven ihrer Zuschauer und tritt in dem knapp vierstündigen Film-Epos mehrfach als Drama-Queen in Erscheinung – ach, sie ist gewissermaßen die Mutter der Drama-Queens. Die von Vivian Leigh meisterhaft verkörperte Scarlett ist launisch, selbstverliebt, manchmal auch manipulativ.

Sie spielt mit den Männern, heiratet aus den falschen Gründen, redet schlecht über andere Frauen und ist zwischendurch dem Geld verfallen; sie inszeniert Heulanfälle, um zu erreichen, was sie glaubt, haben zu müssen, und zeigt immer wieder ihre herrische, überhebliche und richtende Seite.

Doch sie ist auch absolut unbeugsam und es interessiert sie nur am Rande, was andere über sie denken. Das ist revolutionär, wenn man den historischen Background bedenkt, denn Scarlett wächst in einer Ära auf, in der junge Frauen im amerikanischen Süden “nur” die Aufgabe hatten, sich eine gute Partie zu sichern, Kinder in die Welt zu setzen, ihrem Mann zu folgen und hübsch auszusehen. Alles andere “schickte sich nicht”.

So hat auch die Autorin Margaret Mitchell ordentlich Mut bewiesen, indem sie einer Figur wie Scarlett eine Bühne gab.

Eine starke Frauenfigur interessiert sich nicht für political correctness

Scarlett schert sich jedoch nicht um die damalige political correctness und tritt auch die heutige mit Füßen. Vermutlich würde man sie rasch als Narzisstin abkanzeln – zumindest bei oberflächlicher Betrachtung. Doch damit würde man ihr Unrecht tun.

Was Scarlett im Laufe der Geschichte erleidet und welchen Schicksalsschlägen sie ihre Stirn bieten muss, würde die meisten von uns schon auf den ersten Metern in die Knie zwingen. Doch gerade in diesen Situationen zeigt sich ihre wahre Stärke und dazu ein kompromissloser Heldenmut, vor dem man nur den Hut ziehen kann.

Wenn es eng wird und der Tod in der Tür steht, um seinen langen Schatten auf die in gespenstische Farben getauchte Szenerie zu werfen, wächst Scarlett regelmäßig über sich hinaus – und kommt in Kontakt mit ihrer Herzensgüte. Dann handelt sie (nach dem obligatorischen Heul- oder Wutanfall) selbstlos und unerschrocken und stellt ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche weit zurück.

Scarlett ist eine Überlebenskünstlerin und sie weiß, wann emotionale Ausbrüche keinen Sinn mehr ergeben. Diese imponierende Seite an ihr hat ihr Gegenspieler Rhett Butler, sensationell dargestellt von Clark Gable, gleich in der ersten Begegnung erkannt. Dafür und für ihre Lebendigkeit liebt er sie, dafür möchte er sie heiraten, aber ausgerechnet in seiner Gegenwart neigt sie dazu, sich kleiner zu machen, als sie ist.

Dann jammert sie wie ein Kind, dass sie furchtbare Angst habe – und trotz (oder wegen) ihrer Dramatik glaubt man ihr es nicht wirklich. Auch Rhett lässt sich darauf nicht ein und fordert sie immer wieder dazu auf, in ihre Kraft, Reife und Macht zu kommen.

In den leisen Tönen wird Scarlett besonders nahbar & fühlbar

Es gibt nur eine Szene im Film, in dem Scarletts Angst ungewohnt leise und dafür umso glaubwürdiger daher kommt – und bei der ich tief durchatmen musste, weil man sie sich heute nicht anschauen kann, ohne an das heikle Thema der lange geduldeten Vergewaltigung in der Ehe zu denken.

Scarlett verkündet Rhett, dass sie sich nicht mehr zu ihm legen (sprich: nicht mehr mit ihm schlafen) wird, weil sie nicht noch einmal schwanger werden möchte. In Wahrheit kann sie sich nicht auf seine Liebe und die damit verbundene Leidenschaft einlassen – noch nicht. Ihre vorgeschobene oberflächliche Begründung ist es, dass sie nicht dick werden möchte (eigentlich: nicht in ihre wahre weibliche Fülle kommen und ihre weichen Anteile zulassen möchte; aus Angst vor Schwäche).

Rhett Butter spürt, dass das nicht alles ist und macht ihr eindrücklich klar, dass er die Tür aufstoßen könnte, wenn er nur wollte (also in sie eindringen) – und zum Beweis tritt er mit Wucht die Schlafzimmertür ein. Scarlett wird ungewohnt still, hält inne, und ihr kurzer, aufrichtiger Moment der Angst legt sich wie ein Schauer um die Schultern der fühlenden Zuschauer.

Einige Zeit später trägt Rhett sie betrunken die berühmte Treppe hoch – der Rest wird nicht gezeigt, aber man ahnt, worauf es hinausläuft, und eine hundertprozentige Freiwilligkeit Scarletts ist nicht zu erkennen.

Wir begegnen ihr erst am nächsten Morgen wieder – prächtig gelaunt, mit rosigen Wangen; die Nacht mit Rhett hat ihr offenbar gefallen. Allerdings zeigt sie Wirkung: Scarlett ist wieder schwanger. Rhett selbst bereut sein alkoholgeschwängertes Verhalten und will das Weite suchen, obwohl Scarlett ihm wieder zugewandt ist; das ewige Missverständnis zwischen den beiden Liebenden.

Scarlett himmelt über weite Strecken der Geschichte lieber den ätherischen, weichen Ashley an, der ihr hoffnungslos unterlegen ist, anstatt sich auf den selbstsicheren, gewieften und weitsichtigen Rhett einzulassen, obwohl beide sich das Wasser reichen und an ihrer Liebe wachsen könnten. Scarlett ist fehlbar; in hohem Maße – und auch das macht sie so echt.

Scarlett spiegelt uns unsere dunklen, verborgenen Seelenanteile

Starke Frauenfigur entwickeln
Foto Filmplakat: Von Deirdre 11:10, 27 February 2007 (UTC) – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1722917

… denn sind wir nicht alle ein bisschen Scarlett? Scarlett spiegelt uns unsere dunkelsten Schatten; das verwundete, bedürftige Kind in uns, unsere verborgenen Kali- und Lilith-Anteile, die noch nicht erlöst gelebt werden dürfen, aber auch unsere weibliche Stärke, die wir oft nicht auszudrücken wagen und von der wir mitunter nicht einmal ahnen, dass sie überhaupt in dieser Fülle da ist.

Scarlett zeigt uns, dass wir alles überstehen können, wenn wir etwas in uns haben, was uns antreibt – eine Bestimmung, eine Leidenschaft, eine Liebe. Die ist nicht etwa ihr geliebtes Tanzen; auch nicht das Begehren der Männer oder das Geld. Es ist die Erde von Tara, ihrer Heimat.

Scarlett ist tief verwurzelt mit dem Land, auf dem sie groß geworden ist. Dieser Strich Erde ist für sie mehr als nur Flecken auf einer Landkarte. Sie ist bereit, für Tara alles zu opfern, und Tara ist es auch, die ihr Hoffnung gibt, als alles verloren scheint.

… Zufall, Fügung, Schicksal? Oder wusste die Autorin darum, das Tara der Name der indischen Göttin des Mitgefühls ist? Mitgefühl muss die selbstbezogene Scarlett erst noch lernen zuzulassen; es gelingt ihr im Laufe der Geschichte immer besser. Nur das aufrichtige Mitgefühl zu sich selbst bleibt noch weitgehend auf der Strecke.

Tara, die Göttin des Mitgefühls

Scarlett ist nicht nur eine facettenreiche, willensstarke Heldin, sondern auch ein ungewöhnlicher Erdtyp. Wenn sie die dunkle Erde von Tara in ihrer Hand hält – und es gibt einige Szenen, in denen sie das tut –, kommt sie in Berührung mit ihrem wahren Sein, mit ihrem wahren Licht.

Und auch, als Tara kaum mehr Nahrung hergibt und Scarlett mit den Händen in der trockenen Erde wühlen muss, um staubige Wurzeln zu essen, bleibt sie ihrem Land treu und spricht vor dem orange glühenden Abendhimmel einen Schwur: “Gott ist mein Zeuge, dass ich nie wieder hungern werde. Nie wieder!”

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Eine starke Frauenfigur wie Scarlett gibt uns Trost in schweren Zeiten

Scarlett kann unsere Seelenfreundin werden, wenn alles zusammenbricht. Dann können wir uns an sie erinnern – und auch an ihre bewährte Methode, weiterzumachen, wenn die Welt um sie herum in Tod, Trauer und Asche versinkt. “Ich denke morgen darüber nach. Morgen. Heute würde ich wahnsinnig werden, wenn ich es täte …” Ja, manchmal dürfen wir nicht denken. Dann können wir nur noch vertrauen.

Heldinnen wir Scarlett gibt es nicht mehr viele. Das ist bedauerlich. Denn sie gehört zu jenen weiblichen Figuren, die man niemals vergisst, wenn man sich ihnen einmal geöffnet hat – und genau das macht ein gutes Buch, einen guten Film aus. Gerade, weil Scarlett unvollkommen ist und so manche Charakterschwächen zeigt, ist es leichter, sich mit ihr zu identifizieren als mit einer Mrs. Perfect.

Und wenn sie im von ihr aufgekauften Sägewerk (auch hier zeigt sich wieder ihr ausgeprägter Erdaspekt) ihren zweiten Ehemann anfährt, dass er sie nicht Schatzi nennen soll, muss man sie einfach lieben. Ich kann Seelenschreibern daher nur ans Herz legen, sich von Scarlett O’Hara inspirieren zu lassen und den Mut zu haben, fehlbare und facettenreiche Heldinnen zu entwickeln.

Fehler helfen uns dabei, uns weiterzuentwickeln und zu wachsen

Fehler bergen unsere größten Entwicklungspotenziale; wir wachsen stets an unseren Fehlern, so wie Scarlett sich vom verwöhnten Kind zur selbstbewussten Unternehmerin und Gutsherrin entwickelt, die es im kriegszerschundenen Süden zu neuem Reichtum bringt. Die wahre Selbstliebe und Hingabe – nun, die muss sie zu Ende des Epos noch lernen. Aber Tara – ihre Bestimmung, ihr Herzblut – wird ihr dabei helfen. Dessen bin ich mir sicher.

So hinterlassen Film und Roman nicht nur eine starke Heldin, sondern auch eine starke Botschaft. Wenn du etwas im Leben findest, was dir Sinn gibt und woran du glaubst, kannst du alles überstehen. Danke, Scarlett. Danke, Margret Mitchell.

P.S. “Vom Winde verweht” bietet übrigens auch noch zwei andere eindrückliche Frauenfiguren. Melanie, die Frau von Ashley, steht im Licht von Mutter Maria (weibliches Christuslicht); Rhetts treueste Freundin ist eine Prostituierte, die eine berührende Herzenswärme an den Tag legt und stets mit einem wachen Verstand und mütterlicher Weisheit agiert.

Ich empfehle den Film; doch auch das Buch ist – lässt man sich auf die etwas antiquierte Sprache ein – eine unterhaltsame, aufrüttelnde Lektüre.

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